Œufs en Meurette und die Küche des Beaujolais

Œufs en Meurette und die Küche des Beaujolais

22. Oktober 2013

Das Beaujolais liegt nördlich von Lyon, der zweitgrößten Stadt Frankreichs. Die Region lebt vom Weinbau: Die Arbeit mit den Reben bestimmt den Arbeitsalltag der Menschen, deren Respekt und Leidenschaft für den Wein allerorten spürbar ist.

Natürlich gibt es auch in dieser Region Bestrebungen, über industriell gefertigte Ware an einen Massenmarkt zu verkaufen. Es finden sich aber auch unglaublich viele kleine  Familienbetriebe – alteingesessene Manufakturen – die die Kunst des Weinbaus traditionell in Einklang mit der Natur und der Tradition betreiben. Die lokale Küche ist deftig und mit der ländlicher, deutscher Regionen vergleichbar. Der Wein spielt logischerweise auch kulinarisch eine große Rolle und bei vielen Gerichten spielen Rot- oder Weißwein eine große Rolle. Der Weinbau war schon immer ein harter Beruf, der viel von den Winzern und den Gehilfen abverlangte. Die harte körperliche Arbeit forderte kräftigendes, fettreiches Essen.

beaujolais-2

In Lyon bekam ich im bekannten “Café des Fédérations” einen sehr guten Überblick über die regionale Küche. Zu den Spezialitäten der Region gehört unter anderem Andouillette, eine kräftig schmeckende Wurst aus Darm und Magen von Schweinen, die typischerweise mit einer Senfsauce serviert wird (“Andouillette sauce moutarde“). Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich durchaus etwas überwinden musste, bis der erste Bissen seinen Weg fand – der kräftige, intensive Geschmack ist durchaus fremd für meinen Gaumen, der nicht wirklich an den Konsum von Innereien gewöhnt ist. Yves, der Besitzer des Cafés, machte sich einen Spaß daraus, mich beim Probieren zu beobachten und achtete penibel auf jede meiner Gesichtsregungen. “Entgleisen” ist dabei ein gutes Stichwort.

Die Spezialitäten der Region im Café des Fédérations

Das “Café des Fédérations” ist eine Institution in Lyon: Viele Einheimische und Touristen kommen hierher, wenn sie die typische Lyonnaiser Küche erleben wollen. Yves ist – wie so viele in der Region – nicht nur Besitzer eines Restaurants, sondern auch Winzer, der für sein Café seinen eigenen Wein herstellt. Das “Café des Fédérations” liegt in der Innenstadt Lyons, auf einer kleinen Insel zwischen zwei Armen der Rhône, inmitten der engen, kleinen Gassen. Im Untergeschoss ist der eigene Weinkeller beheimatet, ein altes Gewölbe, stilvoll durch gedämpftes Licht illuminiert. Yves zelebriert Weinproben und lässt diesen etwas Sakrales anmuten – so begeisternd spricht er von seinem Wein.

fellot-12

Die Andouillette lagen also erst schwer auf meinem Teller, dann schwer in meinem Magen. Yves schenkte Wein nach, einen köstlichen Morgon aus eigenem Anbau, und wollte mich sichtlich vom unglaublich penetranten Geschmack ablenken: “Bayäärn ou Dortmundö?” – Es war der Tag des deutsch-deutschen Champions League Finales. Yves versorgte mich den ganzen Abend über mit den aktuellsten Ergebnissen – teils vertraulich geflüstert, teils hektisch durch den ganzen Raum gerufen. Und Yves ließ mich (zum Glück) noch andere Spezialitäten probieren.

Da kamen beispielsweise in kleinen Töpfen “Cervelle des canuts“, ein nach geheimen Rezept zusammen gerührter Frischkäse, der mit frischem Baguette genossen meine aufgeregten Geschmacksknospen beruhigte und mich in kulinarisch vertretbarere Gewässer zurück schiffte. Meine liebe Bloggerkollegin Sandy von Confiture de Vivre hat sich einen Ruck gegeben und versucht, “Cervelle des canuts” selbst zuzubereiten – ihr Rezept findet Ihr hier. Dazu gab es einen leckeren, fruchtig-trockenen Weißwein, einen Chardonnay. Das Beaujolais baut zu 97% Rotwein an – die wenigen Weißweine können sich aber dennoch sehen lassen: Sie werden ebenfalls aus der eigentlich roten Gamay-Traube gekeltert. Das Besondere: Die Trauben sind innen weiß und werden nicht gepresst, so wird verhindert, dass der rote Farbstoff aus der Schale den Wein färbt.

Zu Besuch beim Winzer und Rinderzüchter Emmanuel Fellot

fellot-19

Den besten Weißwein aus dem Beaujolais habe ich bei Emmanuel Fellot getrunken, der zusammen mit seinen Brüdern einen alten Landsitz leitet. Dort betreiben sie nicht nur Weinbau, sondern züchten auch Rinder streng nach Bio-Richtlinien, bauen Kräuter und Gewürze an, die auf den kargen Böden der Hänge wunderbar gedeihen und auf den umliegenden Märkten oder direkt an Restaurants frisch verkauft werden. Das Anwesen ist ein altes Schloß, dass hoch über der Saone-Ebene liegt und ein Paradies für romantisch-verklärte Fotografen wie mich darstellt. Überall finden sich alte Gebrauchsgegenstände, die die Szenerie romatisieren und meinen Abzugsfinger jucken lassen. Emmanuels Weißwein ist fruchtig, frisch, nach fränkischen Maßstäben halbtrocken und sehr aromatisch. Bei der Weinprobe servierte der Winzer hausgemachten Ziegenkäse des Nachbarhofes im Osten und selbstgemachtes Rosinenbrot des Nachbarhofes im Westen – eine perfekte Symbiose. Die Bilder vergrößern sich nach dem Anklicken in einer Lightbox:

Yves wartete bis wir den Käse vertilgt hatten und servierte danach Quenelle, kleine Hechtklößchen in einer Krebssauce, eines meiner Highlights (“Quenelle sauce Nantua et ses écrevisses“). Eine Variante und Interpretation des Gerichts habe ich nach einiger Zeit versucht, für Steffens Blog-Event “In Vier Gängen” nachzustellen. Abschließend durfte ich noch ein zünftiges Dreierlei probieren: Saucisson mit Linsensalat (“Saucisson au vin“), eine fan-tas-tische Wildschweinterrine (“Terrine de sanglier“) und “Œufs en meurette” – pochierte Eier in Rotweinsauce.

Zu diesem Zeitpunkt stand es nicht nur 2:0 für Bayääärn, sondern auch 5:0 für Yves. Die Andouillette waren vergessen, die fantastische Rotweinsauce der Œufs en meurette dominierte meinen Gaumen. Und mit diesem schönen Rezept-Klassiker der französischen Küche möchte ich Euch nun alleine lassen – als Auftakt für eine Woche im Zeichen des Beaujolais.

Rezept

oeufs-en-meurette

Zutaten für die Œufs en Meurette (Für 4 Personen als Vorspeise):

  • 400ml Rotweinsauce (Rezept dafür wird morgen nachgereicht)
  • 4 Eier
  • Etwas Essig
  • 12 Perlzwiebeln
  • Etwas Schnittlauch

Zubereitung:

1 Die Rotweinsauce erhitzen.

2 Die Perlzwiebeln schälen und in etwas Wasser bei geschlossenem Deckel glasig dünsten. Das dauert etwa 30 Minuten. Nach der Hälfte der Garzeit etwas Zucker zugeben uns karamellisieren. Aufpassen, dass das Wasser nicht komplett verdunstet!

3 Wasser in einem Topf erhitzen. Essig zugeben. Mit einem Löffel einen Strudel erzeugen und ein Ei aufschlagen und in das Wasser – in das Auge des Strudels – geben. Etwa 3-4 Minuten köcheln lassen, dann ist der Dotter noch weich. Mit den anderen Eiern genauso verfahren.

4 Rotweinsauce in einem Teller anrichten. Auf jeden Teller ein pochiertes Ei geben und dieses mit einem Löffel anstechen, so dass der Dotter heraus läuft. Je drei Perlzwiebeln zugeben und mit etwas Schnittlauch dekorieren.

Hinweis: Wenn das Gericht als Vorspeise serviert wird, wird meist kein Brot dazu gereicht, da sich die Gäste ja nicht an der Vorspeise satt essen sollen.

Adressen

KEINEN BEITRAG MEHR VERPASSEN?
Ich benachrichtige Dich gerne bei Neuerscheinen eines Artikels unkompliziert per E-Mail - zudem kannst Du Dir meine E-Books kostenfrei herunterladen.
JETZT ANMELDEN
Kein Spam! Versprochen!
Ich gebe Deine Daten niemals weiter. Informationen zu Datenschutz, Analyse und Widerruf.

Das Beaujolais liegt nördlich von Lyon, der zweitgrößten Stadt Frankreichs. Die Region lebt vom Weinbau: Die Arbeit mit den Reben bestimmt den Arbeitsalltag der Menschen, deren Respekt und Leidenschaft für den Wein allerorten spürbar ist.

Natürlich gibt es auch in dieser Region Bestrebungen, über industriell gefertigte Ware an einen Massenmarkt zu verkaufen. Es finden sich aber auch unglaublich viele kleine  Familienbetriebe – alteingesessene Manufakturen – die die Kunst des Weinbaus traditionell in Einklang mit der Natur und der Tradition betreiben. Die lokale Küche ist deftig und mit der ländlicher, deutscher Regionen vergleichbar. Der Wein spielt logischerweise auch kulinarisch eine große Rolle und bei vielen Gerichten spielen Rot- oder Weißwein eine große Rolle. Der Weinbau war schon immer ein harter Beruf, der viel von den Winzern und den Gehilfen abverlangte. Die harte körperliche Arbeit forderte kräftigendes, fettreiches Essen.

beaujolais-2

In Lyon bekam ich im bekannten “Café des Fédérations” einen sehr guten Überblick über die regionale Küche. Zu den Spezialitäten der Region gehört unter anderem Andouillette, eine kräftig schmeckende Wurst aus Darm und Magen von Schweinen, die typischerweise mit einer Senfsauce serviert wird (“Andouillette sauce moutarde“). Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich durchaus etwas überwinden musste, bis der erste Bissen seinen Weg fand – der kräftige, intensive Geschmack ist durchaus fremd für meinen Gaumen, der nicht wirklich an den Konsum von Innereien gewöhnt ist. Yves, der Besitzer des Cafés, machte sich einen Spaß daraus, mich beim Probieren zu beobachten und achtete penibel auf jede meiner Gesichtsregungen. “Entgleisen” ist dabei ein gutes Stichwort.

Die Spezialitäten der Region im Café des Fédérations

Das “Café des Fédérations” ist eine Institution in Lyon: Viele Einheimische und Touristen kommen hierher, wenn sie die typische Lyonnaiser Küche erleben wollen. Yves ist – wie so viele in der Region – nicht nur Besitzer eines Restaurants, sondern auch Winzer, der für sein Café seinen eigenen Wein herstellt. Das “Café des Fédérations” liegt in der Innenstadt Lyons, auf einer kleinen Insel zwischen zwei Armen der Rhône, inmitten der engen, kleinen Gassen. Im Untergeschoss ist der eigene Weinkeller beheimatet, ein altes Gewölbe, stilvoll durch gedämpftes Licht illuminiert. Yves zelebriert Weinproben und lässt diesen etwas Sakrales anmuten – so begeisternd spricht er von seinem Wein.

fellot-12

Die Andouillette lagen also erst schwer auf meinem Teller, dann schwer in meinem Magen. Yves schenkte Wein nach, einen köstlichen Morgon aus eigenem Anbau, und wollte mich sichtlich vom unglaublich penetranten Geschmack ablenken: “Bayäärn ou Dortmundö?” – Es war der Tag des deutsch-deutschen Champions League Finales. Yves versorgte mich den ganzen Abend über mit den aktuellsten Ergebnissen – teils vertraulich geflüstert, teils hektisch durch den ganzen Raum gerufen. Und Yves ließ mich (zum Glück) noch andere Spezialitäten probieren.

Da kamen beispielsweise in kleinen Töpfen “Cervelle des canuts“, ein nach geheimen Rezept zusammen gerührter Frischkäse, der mit frischem Baguette genossen meine aufgeregten Geschmacksknospen beruhigte und mich in kulinarisch vertretbarere Gewässer zurück schiffte. Meine liebe Bloggerkollegin Sandy von Confiture de Vivre hat sich einen Ruck gegeben und versucht, “Cervelle des canuts” selbst zuzubereiten – ihr Rezept findet Ihr hier. Dazu gab es einen leckeren, fruchtig-trockenen Weißwein, einen Chardonnay. Das Beaujolais baut zu 97% Rotwein an – die wenigen Weißweine können sich aber dennoch sehen lassen: Sie werden ebenfalls aus der eigentlich roten Gamay-Traube gekeltert. Das Besondere: Die Trauben sind innen weiß und werden nicht gepresst, so wird verhindert, dass der rote Farbstoff aus der Schale den Wein färbt.

Zu Besuch beim Winzer und Rinderzüchter Emmanuel Fellot

fellot-19

Den besten Weißwein aus dem Beaujolais habe ich bei Emmanuel Fellot getrunken, der zusammen mit seinen Brüdern einen alten Landsitz leitet. Dort betreiben sie nicht nur Weinbau, sondern züchten auch Rinder streng nach Bio-Richtlinien, bauen Kräuter und Gewürze an, die auf den kargen Böden der Hänge wunderbar gedeihen und auf den umliegenden Märkten oder direkt an Restaurants frisch verkauft werden. Das Anwesen ist ein altes Schloß, dass hoch über der Saone-Ebene liegt und ein Paradies für romantisch-verklärte Fotografen wie mich darstellt. Überall finden sich alte Gebrauchsgegenstände, die die Szenerie romatisieren und meinen Abzugsfinger jucken lassen. Emmanuels Weißwein ist fruchtig, frisch, nach fränkischen Maßstäben halbtrocken und sehr aromatisch. Bei der Weinprobe servierte der Winzer hausgemachten Ziegenkäse des Nachbarhofes im Osten und selbstgemachtes Rosinenbrot des Nachbarhofes im Westen – eine perfekte Symbiose. Die Bilder vergrößern sich nach dem Anklicken in einer Lightbox:

Yves wartete bis wir den Käse vertilgt hatten und servierte danach Quenelle, kleine Hechtklößchen in einer Krebssauce, eines meiner Highlights (“Quenelle sauce Nantua et ses écrevisses“). Eine Variante und Interpretation des Gerichts habe ich nach einiger Zeit versucht, für Steffens Blog-Event “In Vier Gängen” nachzustellen. Abschließend durfte ich noch ein zünftiges Dreierlei probieren: Saucisson mit Linsensalat (“Saucisson au vin“), eine fan-tas-tische Wildschweinterrine (“Terrine de sanglier“) und “Œufs en meurette” – pochierte Eier in Rotweinsauce.

Zu diesem Zeitpunkt stand es nicht nur 2:0 für Bayääärn, sondern auch 5:0 für Yves. Die Andouillette waren vergessen, die fantastische Rotweinsauce der Œufs en meurette dominierte meinen Gaumen. Und mit diesem schönen Rezept-Klassiker der französischen Küche möchte ich Euch nun alleine lassen – als Auftakt für eine Woche im Zeichen des Beaujolais.

Rezept

oeufs-en-meurette

Zutaten für die Œufs en Meurette (Für 4 Personen als Vorspeise):

  • 400ml Rotweinsauce (Rezept dafür wird morgen nachgereicht)
  • 4 Eier
  • Etwas Essig
  • 12 Perlzwiebeln
  • Etwas Schnittlauch

Zubereitung:

1 Die Rotweinsauce erhitzen.

2 Die Perlzwiebeln schälen und in etwas Wasser bei geschlossenem Deckel glasig dünsten. Das dauert etwa 30 Minuten. Nach der Hälfte der Garzeit etwas Zucker zugeben uns karamellisieren. Aufpassen, dass das Wasser nicht komplett verdunstet!

3 Wasser in einem Topf erhitzen. Essig zugeben. Mit einem Löffel einen Strudel erzeugen und ein Ei aufschlagen und in das Wasser – in das Auge des Strudels – geben. Etwa 3-4 Minuten köcheln lassen, dann ist der Dotter noch weich. Mit den anderen Eiern genauso verfahren.

4 Rotweinsauce in einem Teller anrichten. Auf jeden Teller ein pochiertes Ei geben und dieses mit einem Löffel anstechen, so dass der Dotter heraus läuft. Je drei Perlzwiebeln zugeben und mit etwas Schnittlauch dekorieren.

Hinweis: Wenn das Gericht als Vorspeise serviert wird, wird meist kein Brot dazu gereicht, da sich die Gäste ja nicht an der Vorspeise satt essen sollen.

Adressen

KEINEN BEITRAG MEHR VERPASSEN?
Ich benachrichtige Dich gerne bei Neuerscheinen eines Artikels unkompliziert per E-Mail - zudem kannst Du Dir meine E-Books kostenfrei herunterladen.
JETZT ANMELDEN
Kein Spam! Versprochen!
Ich gebe Deine Daten niemals weiter. Informationen zu Datenschutz, Analyse und Widerruf.

Hinterlasse einen Kommentar

3 Comments

  1. Manfred Hampel 17. Januar 2015 at 14:37 - Reply

    Können Sie mir das Rezept für die erwähnte Wildschweinterrine schicken?7

    Vielen Dank
    Manfred Hampel

    • Uwe 17. Januar 2015 at 22:56 - Reply

      Hallo Manfred, das Rezept kommt bald – ich hab’s noch nicht ganz fertig.

  2. Tim 28. Februar 2016 at 09:41 - Reply

    Hallo Uwe, gibt es das Rezept für die Rotweinsauce für die Œufs en meurette schon? Ich finde es leider nicht…Vielen Dank!

Leave A Comment

Weitere Artikel

  • Ofengeschmorte Kürbissuppe mit Essigrosinen und brauner Butter

    Published On: 2. Januar 2024
  • Carne cruda all’albese

    Published On: 13. Dezember 2022
  • Appenzeller Käse-Ravioli mit Zwiebelsauce

    Published On: 6. Dezember 2022