Die Speisenfolge im Sosein beinhaltet neben fünf salzigen Gängen zwei Dessert-Gänge plus ein Petit Four. Während Thomas und Felix den letzten Gang anrichten, Hase mit Miso, beginnt Pâtissier Stefan mit seinen Vorbereitungen.

Alle Dessert-Komponenten hat er natürlich tagsüber schon fertig zubereitet, nun folgt nur noch das Anrichten und der eine oder andere finalisierende Handgriff.

Schlehe, Douglasie

Auf der Karte steht als erstes Dessert „Schlehe, Douglasie“. Douglasien sind Kieferngewächse, die bei uns vereinzelt in den Wäldern wachsen. Einmal gefunden und ordentlich bestimmt, erntet das Team die jungen Triebe der Douglasie und bereitet daraus Sirup oder Öl zu, was als Basis für diverse Gerichte dient.

Zum Schlehensorbet, das im Wesentlichen aus Schlehenmark und Läuterzucker besteht, gesellt sich eine Douglasien-Crème aus Sirup und Joghurt, Douglasien-Öl und Douglasien-Granité. Das Crumble besteht aus Mandel, Grieß, Butter, Salz und etwas Tonkabohne.

Rein olfaktorisch habe ich das Gefühl, mitten im Wald zu stehen, die Kiefern-Aromen sind omnipräsent. „Douglasie polarisiert“, meint Stefan, „ähnlich wie Koriander, entweder mag man das Aroma, oder eben nicht.“

Ich mag’s.

Sommerhimbeeren, Zuckerrübe, Scharlachdorn

Das zweite Dessert ist – zusammen mit der Kohl-Consommé und dem Topinambur-Gang, mein Highlight des Menüs.

„Wir wollten etwas mit Zuckerrüben machen“, sagt Felix, Stefan nicht zustimmend. „Um diese Jahreszeit sind die Felder und dann die Keller der Bauern voll mit Zuckerrüben.

Schält man die Rüben, geben sie ihr makellos weißes Inneres preis. Einige Rüben hobelt Stefan in dünne Scheiben, um diese anschließend mit einem Himbeer-Fond zu färben. Die weißen Rüben nehmen die Farbe der Himbeeren in beeindruckender Manier auf und leuchten nach diesem Prozedere pink.

Aus Zuckerrüben selbst kann natürlich auch ein Zuckerersatz gefertigt werden: dafür entsaftet man die Rüben, kocht den Saft bei 110°C ein, bis er kristalliert.

Für eine weitere Komponente des Desserts nutzt Stefan tatsächlich den Zuckerrübensaft, den ein gewisser Praktikant formidabel jenen Rüben mit einem Kopfentsafter abgerungen hat. Das Besondere: Der Saft kommt weiß aus dem Entsafter, wird dann ein wenig pink, dann grau und nach einer Stunde etwa fast schwarz. Stefan reduziert den schwarzen Saft anschließend und mit mit etwas Joghurt eine süße Crème, die feine Karamellnoten besitzt.

Aus Scharlachdorn – einer Weißdornart – macht Stefan ein Gelee.

Die weiteren Komponenten auf dem Teller sind Himbeeren. Im Spätsommer erntete das Team die letzten Beeren und trocknete einen Teil davon bei 40 °C. Einen anderen Teil legte Stefan ein, bis sie begannen, spontan zu vergären. Diese Beeren sind säuerlicher und werden kurz vor dem Servieren in Himbeerfond rehydriert.

Die letzte Komponente: Himbeersorbet. „Die Idee war, den gesamten Himbeerstrauch als Eis zu servieren“, sagt Felix und erklärt, dass im Eis die Blüten, das Holz, fermentierte Blätter und natürlich die Früchte zu finden seien. „Das sorgt für ein komplexeres Aroma und deckt sich sehr gut mit unserer Philosophie, alles von Tier und Pflanze zu verwerten.“

Und so schließt sich auch rein konzeptuell ein Kreis, der beim ersten Gang des Prologs mit Rote Bete und Beeren begann und nun mit Beeren und Bete (der Zuckerrübe) endet.

Meine Aufgabe ist – neben der Herstellung der Basisprodukte – Stefan beim Anrichten zu helfen. Ein Kreis aus Zuckerrüben-Crème ist fix auf die Dessertteller gemalt, Stefan streut Himbeer-Pulver darüber, dann richte ich getrocknete und rehydrierte Himbeeren an, dann das Scharlachdorn-Gelee. Stefan sticht Angebernocken (Neid!) Himbeer-Sorbet ab und bedeckt diese anschließend mit ein paar Scheiben Zuckerrübe. „Service!“

Dazu: ein „Roter Eistee“ aus fermentierten Rosen-, Brombeer- und Himbeerblättern, Saft der Cornell-Kirsche und getrockneten Rosen, Erdbeertropfsaft, Schlehensaft und Preiselbeeren. Yummy.

Ein Petit Four zum Abschluss

Stefans letzte Amtshandlung: Donuts. Donuts aus Sauerteig, wunderbar luftig in Rapsöl herausgebacken und anschließend in Kiefernharzzucker gewendet und mit einer irren Zierquitten-Crème serviert.